Tagebuch
Gabi & Jürgen on Tour ...
Beautiful White Pocket

Gabi & Jürgen in der "White Pocket", Vermillion Cliffs NM, AZ
Vorab: dieser Tag steht dem vorangegangen in nichts nach - im Gegenteil:
Der Wecker klingelt wie gestern recht früh. Dusche, Frühstück, Sachen packen, bereit stellen. Kurz nach 08:00 Uhr holt uns der Chef von Dreamland Safari Tours am Best Western ab. Gut gelaunt ist er, obwohl ihm eben ein Auto ausgefallen ist. Er bringt uns zu seinem Hauptquartier, wo wir eine Familie aus North-Carolina treffen: Mark (IT-Mann bei IBM), Pat(ricia), Doktorandin mit Professur für spanische Literatur nebst 13-jähriger, super netter und wohlerzogener Tochter Linea. Wir 5 bilden heute das „Team“ in der „White Pocket“. Die Familie ist mit einem kleinen Camper auf Urlaub unterwegs und was die 3 so treiben, ist mit „Aktiv-Urlaub“ deutlich untertrieben!
Und wir treffen auf Marjorie, unsern Guide für heute. Sie ist gebürtige Belgierin, aber seit 22 Jahren in den USA. Die Hin- und Rückfahrt zum Trailhead der „White Pocket“ dauert je ca. 2 Stunden, vergeht aber wie im Flug.
Ich weiß nicht, ob nur uns das passiert - aber es ist wieder einer dieser Tage, in denen innerhalb von wenigen Stunden aus sich völlig fremden Menschen Freunde werden. Wir reden im Auto und auf der Tour über Gott und die Welt und zwar von der ersten Minute an. Dabei sprechen wir über unsere Länder, Politik, uns selbst, unser Leben, was wir so machen, was uns antreibt etc. etc. Und zwar sehr offen, aufgeschlossen, neugierig, freundlich, respektvoll …
Zu Marjorie: sie it eine echt taffe Frau und sie hat in ihrem Leben schon allerhand ausprobiert und geleistet. Nachdem sie in vielen Ländern lebte hatte sie am Grand Canyon North Rim als Rangerin für 7 Jahre eine neue Lebensaufgabe gefunden. Vorher war sie um die Welt gereist und hat auch ein paar Jahre auf einem Segelboot gelebt. Einige ihrer Abenteuer: Kayaken in der Antarktis, Canyonieering im Grand Canyon, Bergsteigen in allen Ländern, Eistauchen in Frankreich und 2014 beendete sie den „Grand to Grand Ultra Marathon“ hier im Südwesten.
Was ist das? Es ist kaum zu glauben und wir haben heute in der Zeitung für 2016 die Vorankündigung gelesen, die alles bestätigt, was sie uns erzählte: es ist eines der härtesten Rennen der Welt: 170 Meilen (!) vom Grand Canyon bis zum Bryce Canyon im Grand Staircase NP. Alle Teilnehmer (2016 werden es 170 sein) müssen alles, was sie benötigen, während des Rennens mit sich tragen. Also: Rucksack mit Verpflegung, Schlafsack, allen persönlichen Dingen. Der Veranstalter kümmert sich um Streckenführung (Fähnchen in der Wildnis), Wasser, Salztabletten und Zelte zum Übernachten. Und ärztliche Betreuung! Punkt! Startgeld: über 3.000 Dollar. Der Weg ist kein Weg, es geht mitten durch die Pampa, durch Büsche und Kakteenpflanzen, durch Sand und über Felsen. Wer abends zu festgelegter Zeit nicht im Camp ist, scheidet aus. Täglich z.T. mehrere 1.000 Fuß Höhendifferenz - rauf wie runter. Erster Tag: Marathonstrecke - 2. Tag: mehr als Marathonstrecke - 3. Tag (als „Höhepunkt“) 54 Meilen - dann wieder Marathon, schließlich zum Ende des 7tägigen Events jeweils etwas weniger.
Marjorie erzählt, ohne zu prahlen - das hat sie wirklich nicht nötig und so ist sie nicht. Sie erzählt viel mehr von den sehr persönlichen Beweggründen, so etwas zu tun, obwohl man „joggen“ nicht mag. Sie spricht unaufgeregt über die Qualen, ihre Schmerzen und die Tränen - aber auch darüber, dass der Lauf ihrem Leben noch einmal eine neue Richtung gegeben hat - Selbsterfahrung!
Sie erzählt aber auch viele Geschichten, wie sie sich schon als Kind für Tiere eingesetzt hat. Und was das für ihr Leben bedeutet hat. Fernsehen, Radio, Zeitungen hat sie und vermisst sie auch nicht. Sie spricht lieber mit Menschen um zu erfahren, was los ist in der Welt. Da sie viele verschiedene Leute trifft, ist sie sehr gut „im Bilde“.
Erster Stopp: wieder die Schautafel über die Condore. Und wieder wird Luft aus den Reifen gelassen - wie gestern. Sie erzählt uns aber einiges über das Rettungsprogramm für die Condore. Dass es vor Jahren nur noch 24 Stück davon gab. Dass man sie nun schützt, unterstützt und ihre Vermehrung fördert. Dass das Hauptproblem darin liegt, dass Condore Aas fressen und dieses hier leider oft Blei enthält von den Kugeln oder dem Schrot der Jäger. Die Condore drohen an Bleivergiftung zu sterben. Also fängt man sie und macht eine Blutwäsche, päppelt sie in einem Gehege hoch oben auf den Vermillion Cliffs wieder auf. Zieht dort Junge auf, die allein keine Chance hätten und entlässt sie wie die behandelten Tiere in die Freiheit. markiert mit Nummern und Sender. Durch ein Fernglas sehen wir das Freigehege oben auf der Klippe und wir sehen 8 Condore fliegen - Spannweite über 3 Meter. Marjorie kümmert sich mit um die Condore -allein schon aus der Zeit als Rangerin am Grand Canyon heraus.
Aber sie zeigt uns auch kleine Libellen, die in Löchern im Boden verschwinden, weil sie dort leben. Schon hier wird klar: sie liebt genau dieses Leben für und mit der Natur. So geht es den Tag weiter. Zu jedem Strauch, zu jeder Tierspur im Sand weiß sie etwas zu erzählen. Klasse! Natürlich läuft sie überall barfuß, auch in der White Pocket. Nur die 10 Minuten vom Trailhead bis auf die Felsen trägt sie Flip-Flops - damit die Skorpione im Sand keine Chance haben, sie zu stechen.
Aber vorher kutschiert sie uns genau so souverän durch die Tiefsandpisten wie gestern Brad. Am Trailhead machen wir unsere Sandwiches und Tortillas fertig, verpacken sie auf Eis gemeinsam mit Unmengen Wasser (da ist sie pingelig!) in unseren Rucksäcken und los geht es.
Ich erspare mir eine Beschreibung der White Pocket - schaut auf die Bilder, ich habe noch gut 250 weitere in Petto, die keinen Deut schlechter sind. Auch hier haben wir wie gestern einfach einige schöne ausgesucht. Ich bin total glücklich mit unseren Kameras und Objektiven - super Ausbeute an unvergesslichen Aufnahmen. Dabei sind sie erst mal nur „quick and dirty“ bearbeitet - auf alle Schnelle. Aber: ohne Marjorie wären sie nicht so schön geworden. Warum? Weil sie unsere Tour durch diese einzigartige Felslandschaft dramaturgisch perfekt gestaltet. Die richtigen Spots zur richtigen Tageszeit - macht die Bilder hier JETZT - gleich ist hier viel Schatten! Und: „Jetzt alle nur auf die eigenen Füße gucken - oder nach links. Nach rechts dürft ihr erst sehen, wenn ich es sage!“ Und dann „Wow!“
Immer wenn wir es möchten, macht sie Bilder von uns beiden. Und ich mache viele Bilder von Mark, Pat und Linea. Linea ist ein süßes und super nettes Mädchen. Sie ist mit ihren 13 Jahren Tänzerin und übt fleißig Ballett, kommt aber nun auch auf den Geschmack an anderen Tänzen. Und sie posiert für die Kamera in den abenteuerlichsten Verrenkungen und Haltungen. Schön anzusehen. Gabi will nicht nachstehen und macht ihr Konkurrenz. Das Gute daran: sie blieb unverletzt!
Zwischendurch mampfen wir unseren Lunch im Schatten. Der rapide schwindende Wasservorrat macht die Rucksäcke leichter. Gut, das Fotos nichts wiegen ;-)
Es gibt so viel zu sehen und das ohne Permit! Da der Tag von der Strecke und Kletterei weniger anstrengend ist als die South Coyote Buttes (allein die Hitze ist eine Herausforderung), das Gebiet aber ebenso sensationell ist wie am Vortag kann ich auch diese Tour nur nachhaltig empfehlen - geführt, am Besten mit Marjorie!
Mehr würde den Rahmen sprengen, ich denke, die Bilder sprechen für sich.
Marjorie gibt uns ganz viele Tipps für die Gegend und weitere Unternehmungen. Keine Sorge, wir sehen uns wieder - was sie über die Tour zum Torowheap Point am Grand Canyon North Rim erzählt, wo sie jahrelang in tiefster Einsamkeit gelebt hat macht allein schon Lust auf mehr. Da kommt sonst kaum einer hin und man kann sogar übernachten dort … (2017??).
Wir reden auf der Rückfahrt auch über das Permit-System und die Hintergründe, die Strecken, Gefahren und Verluste, die in diesem Wüstengebiet leider nur zu oft zu beklagen sind. Hatte ich schon erwähnt, dass sie als gelernte Kardiologieschwester auch ehrenamtlich bei den Rescue-Teams hilft, die verlorene Hiker sucht? Erst letztlich haben sich Chinesen komplett verlaufen, weil sie schon zu Beginn des „Wave-Trails“ die falsche Himmelsrichtung eingeschlagen hatten. Sie wurden nach tagelanger Suche gefunden - andere hatten weniger Glück. Und: Wave-Versuche ohne Permit werden mit 10.000 US-Dollar bestraft - ups!
Von ihrer Fotoausstellung hier in Kanab und dem Aufbau ihrer Bäckerei, in der sie europäisches Brot, Baguette u.ä. sowie frische Säfte ohne Zuckerzusatz anbieten will - Eröffnung im August, berichte ich nächstes Jahr!
Komplet beiläufig erfahren wir auf der Rückfahrt, dass Mark ein Hobby von Marjorie teilt: das Bergsteigen. Nächstes Ziel von Marjorie: der Mont Blanc. Dort war Mark bereits und kann viele Tipps geben. Er erzählt aber auch von seinen Gipfelerlebnissen am Kilimandscharo, am Mt. Fuij und in Südamerika etc. Über 70 Gipfel hat er schon bestiegen. Er ist dankbar, dass Pat ihm diese Freiheiten lässt und dieses Hobby mit finanziert. Sein Vater war bei Apple und er hat seine Karriere im Silicon Valley begonnen, ist dann aber Pat der Liebe wegen nach North Carolina gefolgt. Linea wird von beiden unterrichtet, keine Schule! Daher auch jede Flexibilität in Sachen „Erlebnisreisen“.
Soviel dazu, ich kann nicht alles aufschreiben! Eins noch, ein Gedanke, der mir an diesem Tag nicht aus dem Kopf ging - vielleicht sogar etwas wie ein philosophischer Exkurs (wer nicht will, überschlägt diesen Absatz): Wie oft stehst du da und denkst dir: „Ok, alles gut!“ Oder sogar: „Schön, alles bestens“! Und bist zufrieden damit? Und dann guckst du einmal um die nächste Ecke, oder über die Kante - und denkst: „Wow!“, „Unbeschreiblich!“, „Das es das gibt!“, „So etwas hätte ich mir nie vorstellen können!“. Beweglich sein, Neues wagen, nicht denken, dass das schon alles ist - es ist so viel mehr da draussen!
Mir erging es so in den White Pockets: ich konnte nicht glauben, dass etwas immer nochmal zu topen ist. Und ich wünsche mir, dass wir beweglich bleiben können und täglich neugierig sind. Das ist mein Resümee dieses erlebnisreichen Tages mit wundervollen Menschen an der Seite - voran die beste Ehefrau von allen …
Wieder im Motel hüpfen wir in den Pool. dann fahre ich los um Pizza zu holen, die war super gestern. Geschlossen. Also rein in den Family Market, dort an die Frischetheke: die schließen gleich, nicht mehr viel zu haben. Der junge Verkäufer ist begeistert, dass ich aus Deutschland komme: „Mutti deutsch, Omi deutsch!“ Er bringt jedes deutsche Wort an, das ihm einfällt, verkauft mir 3 frittierte Hühnerbrüste, 2 Backfische, 2 mexikanische Burritos, 2 Salate und 2 Mac & Cheese für 9,41$ - anstelle über 20 $ - „weil du ein Deutscher bist - wir müssen zusammen halten!“
Wir essen am Pool, treffen dort zwei weitere deutsche Paare und fachsimpeln den Abend bei Bier und Wein über USA-Reisen und gucken Bilder.
Aber ein weiterer Erfolg des Abends: nach einem Update bekomme ich die Website wieder voll in den Griff, die Photodarstellung klappt nun erneut wie gewünscht. Alles fertig machen - klasse, was für ein Tag - unbelievable!!
Tagesetappe: 247 Kilometer (mit Dreamland Safari Tours)
Übernachtung: Best Western Red Hills,125 W Center, Kanab, UT 84741
31 Juli 2016
05 Juni 2016
29 Mai 2016
22 Mai 2016
24 Juli 2016
17 Juli 2016
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