Tagebuch



Gabi & Jürgen on Tour ...

Ägypten??

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Gabi & Jürgen auf dem Congress Trail, Sequoia NP, CA

Es ist 22:00 Uhr, wir sitzen auf einer Bank vor unserem Zimmer, schwitzen vor uns hin und fragen uns: Ägypten??

Im Ernst: In den Bergen auf über 2.000 Metern war es angenehm warm, fast heiß. Als wir die endlosen Serpentinen aus dem Sequoia NP in die Ebene rollen, trauen wir unseren Augen nicht: das Thermometer klettert auf 100 Grad Fahrenheit (= 37,77 Grad Celsius)!! Und als wir gegen 19:00 Uhr hier am Motel in Visalia aus dem Auto klettern trifft es uns wie ein Schlag: Hitze mit so warmer Luft, die man anfassen kann wie wir sie sonst so trocken und klar nur aus Ägypten kennen. Selbst jetzt ist es so mollig, dass Klamotten im Grunde überflüssig sind.

Um Wein nachzufüllen, müssen wir aber nach innen (in den Kühlschrank) und deshalb bleiben wir angezogen. In den Kühlschrank? Jap - unser Zimmer - so wunderbar es heute für recht günstiges Geld ist - hat keinen Kühlschrank; es ist ein Kühlschrank. Auch typisch Ägypten: Klimaanlage auf Anschlag.

Aber wie immer: von vorne!

Nachtrag von gestern aus dem Yosemite: die Rangerin im Visitor Center hatte uns und den Umstehenden etwas zur Größe des Parkes erklärt: es ist nämlich so, dass das Yosemite Valley mit den angrenzenden Steilhängen nur 1% (in Worten: EIN Prozent) des Nationalparks ausmacht. Klartext: alles, was ihr auf unseren Bildern seht und was wir so gemeinhin mit Yosemite in Verbindung bringen umfasst nur einen Bruchteil (der Mathematiker würde sagen: 1 Hundertstel) der Fläche des Parkes. Ich finde das beeindruckend und das passt auch dazu, dass wir gestern eben mal 47 Kilometer zum Glacier Point hin und nochmal 47 Kilometer zurück gefahren sind - eben auf diesen 1 Prozent. Soviel zu den Dimensionen hier - das musste noch ergänzt werden.

Die Nacht war klasse, beide haben wir durchgeschlafen. Aufstehen, zusammenpacken, kurz mit Vater und Mutter skypen und auf geht es. Frühstück offiziell Fehlanzeige. Aber: Gabi hat in der zimmereigenen Kochnische fürs Erste Kaffee, Cookies und Müsliriegel bereitet.

Um 07:50 Uhr liegt die Lodge hinter uns und wir erreichen schnell wieder den Yosemite NP. Dieser dient uns heute aber nur als Transferstrecke und zum Warmfahren was Serpentinen angeht. Tolle Strecke und unser Toyota RAV4 macht seine Sache wieder prima. Er liegt nicht um die Ecke, der Sequoia NP und so fahren wir eine ganze Zeit bis dorthin. Zur Auflockerung halten wir in Oakhurst am Vons (Safeway-Kette) an und kaufen reichlich ein. Viel Obst, Cookies, Müsliriegel, Sandwiches für den Tag und vor allem Wasser und einen großzügigen Vorrat an Wein. Utah naht und wir gehen diesbezüglich mal kein Risiko ein. Zumal uns der kalifornische „White Crisp“ mit nur 9% Alkohol sehr gut schmeckt und bekommt. So ein Einkauf ist hier ja auch ein Erlebnis für sich. Diese Auswahl! Dabei hat sich unsere „Club-Mitgliedschaft“ bei Safeway wieder gelohnt: fast 25% = 20 Dollar Preisnachlass an der Kasse (die Mitgliedschaft haben wir 2011 kostenlos erhalten und nutzen diese regelmäßig!). Ich habe wenige Photos mit dem iPhone geschossen (Obstabteilung und einer der zahlreichen Gänge mit Tiefkühlschränken) - nur mal so als Demo für euch …

Gegen 13:00 Uhr treffen wir im Lodgepole Visitor Center des Sequoia NP ein. Warum hier? Weil ein Schild warnte, dass die Hauptparkplätze voll seien und man den kostenlosen Shuttlebus nutzen soll. Gut - wollen wir machen. Im Visitor Center werden wir Zeuge einer kleinen Zeremonie. Wir stehen an, um uns Beratung zu holen - vor uns eine junge Familie mit zwei Kindern: Junge Vorschulalter, Mädchen jünger. Die Rangerin testet die beiden mit kurzen Fragen zu Fauna und Flora. Alles richtig. So ist sie bereit, die beiden als „Junior-Ranger“ zu vereidigen und sie fragt mit großem Ernst, ob die beiden hierfür schon bereit sind? Ja klar! Mit strenger Miene und feierlichen Tonfall hebt sie die rechte Hand, lässt dies auch die Kinder tun, korrigiert links nach rechts und spricht die Vereidigungsformel vor und die Kinder sprechen im Chor nach (in etwa, aber hier stark gekürzt): „Ich gelobe feierlich, die Natur und die Geschöpfe mein Leben lang zu achten und zu beschützen, alles Unheil von ihr fernzuhalten und alles mir mögliche zu tun, das wir in einer besseren Welt leben können!“ Die Kinder sind so ernst bei der Sache, als ob sie gerade heiraten würden. Und sie bekommen anschließend je eine Junior-Ranger-Plakette verliehen. Das ganze ist so amerikanisch und voll Pathos, dass mir fast die Tränen kommen. Ich drehe mich instinktiv um, weil ich meine, dass gleich eine Schwadron Veteranen auf der Bildfläche erscheint, die Flagge hisst und dazu die Hymne spielt. „God bless America“ - aber echt süß und wir beide beömmeln uns prächtig.

Mit dem gleichen Ernst (und Schalk im Nacken - meine Sonnenbrille sehe sehr cool aus, meint sie) gibt sie uns den Tipp des Tages: den von uns vorgesehenen „Congress Trail“ und „Big Trees Trail“ kann man verbinden, indem man den „Alta-Trail“ zwischenschaltet. das hatten wir nicht gewusst. Und so fahren wir mit dem Shuttle #1 zum Sherman Tree Trail, besuchen den größten Baum der Erde (das ist das Foto, bei dem Gabi an dem Geländer steht) und machen uns dann auf den Weg zum Giant Forest Museum. Die Trails führen uns mitten durch das Herz des Nationalparks. Ganz wenige Leute sind hier und mit denjenigen, die wir treffen ergeben sich sehr nette Gespräche. Wir picknicken und lassen uns ein Sandwich schmecken. Hin und wieder bleiben wir stehen und hören hin, dass wir nichts hören - pure Stille, vielleicht ein wenig Waldgeräusche - und dazu dieser Duft.

Kurz vor dem „Museum“ schließen wir noch den „Big Trees Trail“ an, der rund um eine Lichtung führt. Anschließend haben wir hier wunderbare 10,5 km zurückgelegt und 670 Höhenmeter bergab sowie 450 Höhenmeter bergauf bewältigt.

Der Shuttle bringt uns zurück zum Auto und nun sind es nochmal 1:45 Std. Fahrt bis Visalia. Endlose Serpentinen, Haarnadelkurven etc. verlangen einem echt alle Aufmerksamkeit ab. Eng und bei Gegenverkehr muss man sehr auf der Hut sein. Aber: super Strecke, immer wieder gerne!

Das Motel ist echt klasse mit Garten und schönem Pool. Und: es gibt ein angeschlossenes Restaurant mit Bar. Echt im amerikanischen Diner-Stil - super! Wir werden sehr freundlich bedient (eigentlich wie immer aber noch einen Tick herzlicher). Gabi ordert Spaghetti mit Tomatensoße und „Meatballs“ - ich einen Burger „nach Art des Hauses“, dazu Coleslaw - also Krautsalat (man kann ja nicht immer Onion-Rings oder Fritten verputzen). Bei einem mexikanischen Kellner nach Jalapenos zu fragen ist gewagt, wie ich jetzt weiß - meine Tränenkanäle sind gründlich durchgespült, auch die Nase ist frei. Auf meine Frage, ob es vielleicht Bier vom Fass gibt fragt er, was ich von 805 halte? Als könne er Gedanken lesen, sage ich - das ist das Bier, das ich in den letzten Tagen sehr schätzen gelernt habe. Das Essen ist famos - echt klasse! Und Gabi fragt, ob es auch Margaritas gibt. Und wie! Den Tequila kann sie sich aussuchen und sie bekommt einen 1A-Cocktail. Wir scheinen Freunde gefunden zu haben, denn eine Kellnerin (die Chefin?) bringt mir ein weiteres Bier (Fat Tire) - auf Kosten des Hauses. Der „Fette Reifen“ schmeckt auch klasse.

Ich denke, dass wir morgen noch dort frühstücken werden - hat uns echt gefallen. Website ist fertig, das WLAN aber so langsam, dass ich sie erst morgen in Lone Pine hochladen werde. Nun ist es 23:00 und wir genießen noch etwas die lauschige Nacht unterm ägyptischen (äh kalifornischen) Sternenzelt. Gute Nacht.

Tagesetappe: 372 Kilometer
Übernachtung:
Lamp Liter Inn, 3300 West Mineral King, Visalia, CA 93291
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